Seelenloser, gelaserter Ramsch

Ich vermute jetzt einfach mal, das die Überschrift eine der Reaktionen auf den Bogen war?

Auch wenn Laserarbeiten nicht mein Ding sind, verurteile ich auch niemanden, der Spaß an den Arbeiten hat. Ich habe auch in diesem Bereich schon wirklich schöne und kreative Arbeiten gesehen und würde mir manchmal ein klein wenig mehr Toleranz wünschen. Manche sind - jetzt nur mal als Beispiel - rein körperlich nicht in der Lage mit einer Säge zu arbeiten und freuen sich über andere Möglichkeiten. Oder, oder, oder ...

Just my two cents.

Moin, moin,

Inge, Du hast es richtig erkannt. Der Threadtitel ist diesem Posting entnommen, in dem von "seelenlosem, gelasertem Ramsch" die Rede ist. Eigentlich hatte ich nie vorgehabt, unseren Schwibbogen hier vorzustellen, aber diese Formulierung wollte ich so nicht stehen lassen. Aber zunächst einmal ein paar Worte zur Herstellung...

Wie ich bereits schrieb, basiert der gesamte Schwibbogen auf zwei Vorlagen, für die ich die privaten Nutzungsrechte käuflich erworben habe, und die hier kombiniert wurden. Eine der Vorlagen war für den oberen Schwibbogen selbst, die andere für den Sockel. Beide Vorlagen habe ich in Papierform erhalten.

Im ersten Arbeitsschritt haben wir die Vorlagen gescannt, vektorisiert und bereinigt. Diese Schritte sind notwendig, weil der Laser für das Schneiden eine Vektorgrafik im svg-Format benötigt, bei der alle Formelemente geschlossen sein müssen. Des weiteren mussten wir sowohl den Bogen, als auch den Sockel skalieren, damit sie zum einen die gleiche Breite bekamen, und zum anderen noch durch unseren Laser hergestellt werden konnten. Man bedenke, dass es nicht mit einem einfachen Skalieren per Faktor getan ist, denn die Dicke der Aussparungen für die Steckverbindungen muss erhalten bleiben, weil die Materialstärke gegeben ist. Des Weiteren haben wir auch in die Entwürfe selbst eingegriffen. Vorder- und Rückseite des Sockels waren im Original identisch. Wir haben sie unterschiedlich gestaltet, damit mehr Pastizität und Realität in die Waldszene kam. Auch die Seitenteile des Sockels wurden überarbeitet, um nach dem Skalieren noch die passende Tiefe für den Schwibbogen zu haben. Allein in diesen Arbeitsschritten steckt viel Zeit, Aufwand und Überlegung. Eine Vorlage per Sprühkleber auf's Holz zu bringen, wäre deutlich einfacher gewesen.

Als Material wurde 3 mm starkes Birkensperrholz verwendet, das übrigens im gleichen Shop wie die Vorlagen gekauft und dort als "Laser geeignet" beworben wurde. Der Shop scheint diesbzgl. keine Berührungsängste zu haben. Lasern, das klingt so einfach, steckt aber dennoch voller Tücken und Bedarf auch erst einmal einer gewissen Lernkurve. Was dem Dekupiersäger die richtige Wahl des Sägeblatts und des Vorschubs ist, ist dem Laser-Anwender die Laserleistung, die Lasergeschwindigkeit und die Anzahl Wiederholungen. Theorie und Praxis gehen auch hier gerne mal getrennte Wege.

Ein Massenprodukt ist unser Schwibbogen ganz sicherlich nicht, zum einen durch die individuellen Anpassungen, und zum zweiten, weil die Leistung unseres Lasers nicht für eine Massenproduktion eines solchen Gewerkes ausgelegt ist. Allein das Lasern eines Bogens des Schwibbogens dauerte ca. 5h. Man bekommt vielleicht eine Ahnung, wie lange alle Teile inkl. der Fehlversuche in Summe benötigt haben. Aber neben diesen Punkten ist viel entscheidender, dass die Massenproduktion weder unser Ziel war, noch, dass es das erworbene, private Nutzungsrecht der Vorlagen hergeben würde. Dieser Schwibbogen ist einmalig. Wir haben ihn nur für uns hergestellt.

Nach dem Lasern kommen noch reichlich Arbeitsschritte, wie sie auch beim gesägten Schwibbogen anfallen: bohren, schleifen, probestecken, montieren, verleimen, Lichterketten verlegen etc. pp. Wir waren im November jedenfalls reichlich mit dem guten Stück beschäftigt und hatten trotz des Lasers Spaß am Tun und am Ergebnis.

Beim Vorwurf, dass dieser Herstellungsprozess kein Handwerk mehr sei, muss ich schmunzeln. Ganz traditionelle Vertreter sehen in der elektrisch betrieben Dekupiersäge gegenüber dem Laubsägebogen auch schon das Handwerk den Bach runtergehen. Der Einsatz von Teller-, Walzen- oder Spindelschleifer bis hin zur Kirjes kann man auch als Maschineneinsatz betrachten, der kein Handwerk mehr ist, weil man die Arbeiten auch händisch machen könnte. Würde ich mich trauen, meinem Elektriker das Handwerk absprechen, weil er eine elektrische Bohrmaschine nutzt? Die Wahrheit ist, dass jedes Handwerk einem Wandel unterliegt und sich neuer Technologien bedient, die Geld oder Zeit sparen oder neue Möglichkeiten bringen.

Bleibt zuletzt die Frage, ob wir mit unserem Ergebnis zufrieden sind. Ja, das sind wir. Jeden Tag haben wir mit einem wohligen Gefühl auf den Bogen geschaut und uns daran erfreut. Von unserem Umfeld hatten wir eigentlich erwartet, ein mitleidiges Lächeln zu bekommen, weil Schwibbögen in der heutigen Zeit doch etwas antiquiert und old-fashioned wirken. Die Reaktion war aber eine komplett andere - sie waren begeistert und ein jeder stand lange vor diesem hölzernen Wimmelbild, eb diem es so viel zu entdecken gibt. Die typischen, dunklen Laser-Schnittkanten wurden von niemandem erwähnt oder gar als störend empfunden - ganz im Gegenteil, denn sie geben Kontrast und verleihen dem Motiv räumliche Tiefe. Aber das waren alles auch Leute, die selber nicht sägen und denen eine puristische Denke daher fremd ist. Sie erfreuten sich am Ergebnis.

Dat Ei

PS: Mit CNC hat der Schwibbogen nichts zu tun.

Dat wrote:

... und hatten trotz des Lasers Spaß am Tun und am Ergebnis...

Das ist doch auch das Wichtigste bei allem was wir in unserer Freizeit und idealerweise auch im Beruf machen.
Es muss UNS gefallen und UNS Freude bereiten.

Verzeiht, wenn ich eine sehr provokante Frage stelle:

Wenn man schon in einem Internetforum nicht mehr Themenbezogenes zeigen darf und neuartige Techniken anscheinend per se nicht gewünscht sind, dürfen wir uns noch darüber wundern, wie die derzeitige Weltlage aussieht?

Ein bisschen mehr Offenheit wäre wünschenswert.


P.S.:
Ich könnte solch einen Schwibbogen vermutlich sägen. Lasern könnte ich ihn aber definitiv nicht!

Mir gefällt er.

Danke für die so umfangreiche Erläuterung und der Hinweis auf die handwerklichen Tätigkeiten im Bezug auf den Zusammenbau. Mich freut, dass Ihr Euch an dem Ergebnis so schön erfreuen konntet!

Herzlichst
Bea

Genau das ist es so etwas in Heimarbeit selbst herzustellen. Das ist das schöne am sägen wenn am Ende alles past.

Im Grund genommen ist es mir egal wie ein Projekt entsteht, ob mithilfe von Laser oder per Dekupiersäge/Laubsäge.
Es muss dem Bastler Freude bereiten und ich glaube dass die Einstellerei/Programmieren der Maschinen auch Spaß machen kann......wovon ich weit entfernt bin
Wenn ich bei meinem Schreinerkumpel in der Werkstatt bin sehe ich keine Hobelbank und keine Gestellsäge und trotzdem ist noch viel Handarbeit nötig.
Ich bewundere aber auch Bastler die sich die schönsten Möbel mit traditionellem Handwerkszeug bauen und nicht ohne Grund findet man bei nahmhaften Firmen (Dictum) alles was der Schreinerpurist braucht.

Als ehemaliger CNC-Programmierer, bewundere ich eure Arbeit, stehe zum Maschineneinsatz und hätte absolut nichts dagegen, wenn ich einen solche Laser besitzen würde. Kürzlich sah ich in einem Video von einem Bekannten einen Laser beim Unterricht an einem Gymnasium in BW im Einsatz. Kostet aber auch sicherlich ein Vielfaches einer Hegner.
Wenn ich rechteckige Schnitte machen muss, oder eventuell auch mit Gehrung, dann nehme ich dazu meine Tischkreissäge oder auch die Kapp-Gehrungssäge.
Ich würde mich freuen von euch mehr solche Laserarbeiten zu sehen.

Der Laser unterliegt bezüglich der zulässigen Laserleistung natürlichen Beschränkungen bei der Materialstärke (max ca. 8 mm) und kann zumindest derzeit nur in 2 Achsen arbeiten. Er ist somit keine Konkurrenz und keine Alternative für die Leute, die mit Schleifsystemen ihre Arbeiten moderieren.